24.11.2009
Befindlichkeiten
03.11.2009
Automatismus
28.10.2009
Wenige Worte
12.10.2009
Erklärungen
Als normal würden mich wohl auch die meisten Menschen in meinem Umfeld beschreiben. Sie sind maximal darüber verwundert, dass man lieber zur Club Mate greift als zum Bier. Sie fragen. Fragen bleiben im Raum stehen. Es ist nicht so wichtig.
Sind mir die Menschen wichtig, dann versuche ich zu erklären. Mich zu erklären, mich zu rechtfertigen, obwohl ich das nicht müsste. Aber ich muss es – für mich.
Ich bin Krank. Ich sitze nicht im Rollstuhl, brauche keine Krücken, ich verliere keine Haare – man sieht es mir nicht an. Ich sehe nicht krank aus. Ich bin nicht eingeschränkt in meinem Handeln. Ich kann studieren. Ich kann arbeiten. Ich kann feiern gehen und Freunde treffen. Ganz normal eben. Nur schlucke ich jeden Morgen eine Hand voll Tabletten – Morbus Wegener. Nicht vererbet. Nicht ansteckend. Spontane Mutation des Körpers – falsch programmiert, selbstzerstörerisch.
Mit 17 die Diagnose – nicht weiter schlimm dachte ich mir. Fünf Monate später – ich werde das Krankenhaus die nächsten 12 Wochen nicht mehr verlassen. Es sind prägende Wochen. Wochen die mein Leben und mich irgendwie verändern. Im Inneren bis heute. Die heute noch Angst schüren und Tränen in die Augen steigen lassen.
Schmerzen im Magen – unerträglich. Cortison und Co. machen es besser – kurzfristig. Körperlicher Verfall – schnell. Nichts hilft. Ich fühle mich machtlos. Kann aber nicht mehr darüber nachdenken. Mir geht es zu schlecht. Schmerzen im ganzen Körper – er zerstört sich selber. Lässt sich nicht besänftigen.
Medikamentencocktail.
Untersuchungen.
Spezialisten.
Künstliche Ernährung.
Weit weg von zu Hause – meine Eltern, meine Familie immer für mich da.
Eine Nacht – der Kopf macht nicht mehr mit. Hirnblutungen. Er schaltet ab. Es ist ihm einfach zu viel. Die Erinnerung setzt erst eine Woche später wieder ein. In der Zwischenzeit: Intensivstation. Notoperation. Künstliches Koma.
Ich wache auf. Immer noch weit entfernt von der Realität. Ein Film spielt sich ab, den ich nicht steuern kann. Aber es fühlt sich irgendwie gut an. Die Schmerzen sind weg. Mein Körper so schwach, dass jede eigenständige Bewegung unmöglich ist.
Es ist okay. Man macht mir bewusst, dass ich fast tot gewesen wäre. Es ist nicht mehr okay. Wenige Worte bedeuten mehr als Wochen in Ungewissheit. Mir ist schlecht. Ich weine. Heute noch.
Es wurde besser. Das Übel der Schmerzen war beseitigt. Eine lange Narbe blieb zurück – vom Brustbein bis zur Scham. Neue Medikamente stabilisierten den Rest. Der Körper wurde wieder stärker – langsam. Erst greifen, dann sitzen, dann laufen.
Zu Hause. Der Blick in den Spiegel – erschrocken. Eine andere Person schaute zurück. Alte Bekannte liefen in der Stadt an mir vorbei, weil sie mich nicht erkannten. Cortison ist Gott und Teufel zugleich.
Nach einem halben Jahr, in dem ich Krankgeschrieben war, habe ich schnell angefangen wieder ein normales Leben zu führen. Studium in einer neuen Stadt. Neue Freunde und Bekannte und damit auch das Bedürfnis mich Erklären zu wollen. Sie kannten das frühere Ich nicht, aber ich kannte es und die Geschichte dazu und diese beeinflusste und beeinflusst auch heute noch mein Leben. Irgendwie.
Es ist die Angste vor dem was passieren kann, nicht mehr die Stärke zu haben so etwas noch einmal durchstehen zu können. Die Enttäuschungen bei der Nachricht nicht besser oder schlechter werdender Blutwerte. Zerstörung der Hoffnung irgendwann ohne Medikamente leben zu können – Kinder zu bekommen. Beruhigen. Alles hat Zeit. Ich habe Zeit. Hoffentlich.
Ich bin stark dank den Menschen, die darüber bescheid wissen und für mich da sind. Die mich auffangen, wenn er mir schlecht geht. Die sich Sorgen machen. Die mich ganz normal behandeln. Für die mir an dieser Stelle die Worte fehlen, weil ihnen so viele Worte gebühren. Danke.
Ich habe mich erklärt. Selbsttherapie.
(Anm. Dieser Text erschien zuerst auf dragstripgirl.de - soll nun aber auch hier zu lesen sein.)
11.10.2009
Paint it, black!
Ich bin männlich und Rockstar. Ich bin "The Rolling Stones". Naja zumindest stehe ich Nacht für Nacht vor 100.000 Menschen und fabiziere Sex pur auf der Bühne. Verschwitzt und in einem Rausch, der sich aus Alkohl, Drogen und Adrenalin zusammensetzt, stolper ich nach 2 Stunden entkräft, glücklich und mit dem Gefühl von Einsamkeit in den Backstagebereich und lasse mich auf ein versifftes Sofa fallen. Ich zünde mir eine Zigarette an, inhaliere tief, schließe die Augen und lege den Kopf in den Nacken. 30 Sekunden Stille, dann platzen die Anderen in den Raum. Im Schlepptau ein Duzend williger Mädchen. Sie und ihre festen Brüste, kleinen Hintern und hübschen Münder langweilen mich. Es sind Hüllen. Es bringt nichts ihnen verstehen zu machen, was das Ganze hier für mich ist. Egal, ich mach mit.
Fünf wache und sechs schlafende Stunden später. Ich öffne in irgendeinem Hotelzimmer meine Augen. Sehen alle gleich aus. Ich fühl mich scheiße. Wie immer. Ich nehm mir ne Kippe und verschwinde im Bad. Auf dem Klo sitzend überlege ich mir, ob man als Rockstar nicht mal son Hotelzimmer auseinander nehmen sollte. Klischees erfüllen. Egal.
Ich bin wütend und handlungsunfähig. Mit meiner Gitarre sitze ich im Sessel. Ich sitze und starre. Irgendwann gleiten meine Finger über die Seiten. Ich bekomm das alles nicht mit. Am Ende des Tages stehen einige Zeilen auf verschmierten Blättern. Es macht alles keinen Sinn. Und dann...
...das Herz rast. Blut pulsiert in meiner Halsschlagader. Ich geh die letzten Meter. Die ersten Töne, die Masse schreit, das Licht geht an. Ich höre meine Stimme wie durch einen dicke Schicht Wackelpudding. Dafür lebe ich.
09.08.2009
25.07.2009
Gesunde Paranoia
21.07.2009
02.07.2009
28.06.2009
Wortlos
27.06.2009
Bettdeckengeflüster
25.06.2009
07.05.2009
Verkehrter Kopf
Der Kopf ist schon ein komisches Gerät. Keine Bedienungsanleitung, keine Knöpfe, keine Regler. Man kann ihn nicht leise stellen, wenn er zu laut ist und wenn er etwas flüstert, dann überhört man es schnell. Und in ihm rast fortwährend der Verkehr der gesamten Welt.
An manchen Tagen ziehen riesige Wolkenfelder durch ihn hindurch und machen das Manövrieren auf Gedankenfeldwegen und Wissensautobahnen fast unmöglich. Es sind diese Wolkenberge, die man nur aus einem Flugzeug sieht - mächtig, wattig-weich, undurchdringbar, leuchtend - in denen man sich verlieren will. Und genau dies geschieht mit den Ideen und Gedanken, die auf Wolkenfelder im Kopf treffen, sie verlieren sich im Straßennetz.
An anderen Tagen dann: Stau. So'n richtig fieser Stau. Schuld ist ein Verkehrsunfall, von dem man den Blick nicht abwenden kann. Ein Wort, ein Satz, eine Idee die es durch das Dickicht der Wolken an die Oberfläche geschafft hat und nun völlige Aufmerksamkeit fordert. Dieser Stau lässt keine Existenz von anderen Gedanken zu. Er absorbiert sie und nutzt sie für sich aus, um immer größer zu werden. Das Größerwerden von Ideen an sich ist ja nichts schlechtes, von einem Stau aber schon. Und die Konsequenz eines Staus: Massenkarambolage. Kein unten, kein oben, kein rechts, kein links. Chaos. Ein logischer Einzelgedanke hat es geschafft im chaotischen Ganzen zu münden.
Und manchmal: Leere. Autofreier Sonntag, nur das es meist keinen Sonntag betrifft, was in einer unzumutbaren Unproduktivität gipfelt. Das Rot der Wände wird für rot gehalten, die Sonne für hell befunden, die Strumpfhose für zu eng. Das Ganze endet dann im Starring-Contest mit dem Laptop.
Und ab und an, da flutscht der Verkehr auch mal. Da läuft alles reibungslos, 1a. Alle Ampeln sind grün. Keine Bummeltrienen die ihr Auto verkehrt herum durch Einbahnstraßen schieben. Das unbedienbare Gerät 'Kopf' funktioniert - einfach so. Die Knöpfe, Regler und Verkehrspolizisten, die man sich manchmal gewünscht hat, sind überflüssig - bis zum nächsten Stau.
27.04.2009
Nah
25.03.2009
Markus Kämmerer
Holga goes to Hollywood
Hat sich einfach so aus dem Staub gemacht. Ohne Nachricht. Ohne etwas zurückzulassen. Hat mich sitzengelassen in der trüben Heimat. Holga ist gegangen, oder sag ich besser geflogen. Ja geflogen, ich bin Holga nämlich auf die Schliche gekommen. Es war nicht ganz einfach, aber ich habe es geschafft. Gewieft wie ich bin habe ich meinen Agentenwerkzeugkoffer ausgepackt und ruck-zuck hatte ich alle Informationen die ich brauchte. Holga ist in Irland.
Fräulein Paula beneidet Holga ja ein wenig darum. Raues Wetter, steile Küsten, rothaarige Iren...wilde Natur eben. Wenn Fräulein Paula doch auch mal wieder Urlaub machen könnte. So richtig Urlaub, ohne schlechtes Gewissen. Das schlechte Gewissen verfolgt sie nämlich - Tag und Nacht, bei Regen und Schnee (ja es ist Ende März und es schneit) und bei Sonnenschein, vor dem Mittagessen und danach; was gleichzeitig vor dem Kaffeetrinken ist und das ist der Tagesabschnitt, an dem beschlossen wird, dass man in einer Stunde Feierabend macht und etwas zum Abendbrotessen einkaufen geht. Wenn man so darüber nachdenkt, dann macht Fräulein Paula den ganzen Tag nichts anderes als zu essen. Man kann nur hoffen. Aber zurück zum Urlaub oder doch lieber das schlechte Gewissen?! Urlaub, definitiv! Das letzte Mal als Fräulein Paula Urlaub gemacht hat, kam sie mit gefühlten 12000 Mückenstichen und 230000 blauen Flecken wieder nach Hause. Sie war zelten und machte einen Surfkurs.
Das kann in Irland um diese Jahreszeit nicht passieren, außer man rutscht in einer Pfütze aus und bekommt den ultimativ großen blauen Fleck, mit dem das Bein aussieht, als würde es sofort amputiert werden müssen.
Fräulein Paula wäre stolz wie Bolle und würde nur noch in kurzen Hosen rumlaufen, sich eine wahnsinnig interessante Geschichte ausdenken und den ultimativen blauen Fleck aus allen Richtungen fotografieren.
Na ja, es gibt sicherlich schönere Dinge in Irland, als in einer Pfütze auszurutschen, ich denke Holga findet da bestimmt etwas. Ich frage mich ob Holga wiederkommt. Aber ich bin ganz optimistisch, denn schließlich ist Holga ohne mich nur ein halber Mensch – äh, eine halbe Kamera. Wenn Holga also gar nicht laufen kann, geschweige denn fliegen, frage ich mich:
Wie ist Holga eigentlich nach Irland gekommen? Und, hat Paul seine Finger im Spiel? Wurde Holga etwa entführt?
18.03.2009
Paul und Paula - und Holga
WER IST EIGENTLICH PAUL?
Forsetzung folgt...
15.03.2009
Vesko Gösel
14.03.2009
12.03.2009
Sommer-Erinnerungen
Sonnenstrahlen kitzeln meine Nasenspitze.
Die kleinen Fältchen auf dem Nasenrücken und um die geschlossenen Augen zucken im Rhythmus meines Lächelns.
Ein leichter Windhauch weht eine Haarsträhne in mein Gesicht.
Nackte, bunte Zehen verstecken sich zwischen Grashalmen.
11.03.2009
Und täglich grüßt das Murmeltier
Fräulein Paula ist nämlich nie in der Lage schon pünktlich um neun Uhr vor der Bibo zu stehen, um auch wirklich einen Sitzplatz in brauchbarer Bücherreichweite zu ergattern. Das „aus dem Bett rauskommen“ ist für sie nicht mal das schwerste, aber danach erwartet sie eine schier unerschöpfliche Auswahl an Ablenkungsmöglichkeiten. Angefangen mit frühmorgendlichen Nachrichten schauen bei dem sie in aaaaaaaaaaller Ruhe einen Kaffee trinkt. Oder sie bucht gleich das Frühstücksvollprogramm mit Brötchen holen, Eier kochen und nem ausführlichen Schwatz mit den Mitbewohnerinnen. Dann muss Fräulein Paula natürlich auch noch duschen. Okay das macht wohl jeder Mensch das ein oder andere Mal. Aber ihr fällt dann ehr öfter als gelegentlich ein, dass sie ja mal wieder eine Maske oder Haarkur machen müsste – natürlich alles mitten in der Woche. Aus dem Bad raus, läuft der Rechner. Kommunikationsprogramme in allen erdenklichen Formen animieren zum Gedanken- oder Blödsinnaustausch. Was das Fräulein meist rettet ist die Tatsache, dass sie dies auch in der Bibo machen kann.
Wenn ich dann doch noch einen Platz gefunden hab, meinen Laptop angemacht, Bauakten auf dem viel zu kleinen Tisch ausgebreitet hab, Kopfhörer aufgesetzt, die zum tagesabhängigen Schreibstil passende Musik ausgesucht hab und nach oben blicke ... ja dann, dann schauen mich immer wieder die gleichen, verstört lächelnden Gesichter an.
Leidensgenossen, deren Namen man nicht kennt, von denen man nicht weiß was sie schreiben oder lesen, nur das sie es tun. Man kennt nicht die Klangfarbe ihrer Stimme, aber dafür jede einzelne, viel zu großgeratene Hautpore an ihren Nasen. Man kann Tagebuch darüber führen, in welchem Rhythmus sie ihre Outfits tragen, aber was sie gern zum Mittag essen, dass kann man nur erahnen, wenn besagte Outfits nach der Mittagspause merkwürdige Flecken tragen.
Im Laufe der vielen gemeinsamen Stunden atmet man die gleiche Luft – oder auch die verbrauchte der Leidensgenossen, was wiederum von einer tiefen, körperlichen Verbundenheit zeugt – und verdreht immer gleichzeitig genervt die Augen, weil die Sonnenblenden der Fenster im zwei-Minuten-Takt auf und zu gehen.
Ich mag das! Man kennt sich nicht, doch ein aufmunterndes Lächeln haben sie immer für mich auf den Lippen und ich für sie. Und das hilft verdammt noch mal die Qualen der Magisterarbeit zu ertragen...
Nur, dass Fräulein Paula, an ihrem Laptop sitzend, nicht Magisterarbeit schreibt, sondern sich anderen geheimen Geheimnissen widmet. Aber das können ihre Leidensgenossen nicht wissen und sollen sie auch nicht. Denn das fleißig tippende Fräulein Paula kennt eine Menge Ablenkungs- und Tarnmanöver. Aber das bleibt ihr Geheimnis – erstmal.